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Mittwoch, 10. Juni 2015

Dancing with the demons in my mind...

Ohohooooh, ohohooooh, lalala...

Das ist eine Zeile aus diesem Song, der heute Morgen auf dem Weg ins Büro im Radio lief. Ich weiß weder von wem er ist noch wie er heißt. Aber er muss wohl relativ neu sein. Kennt ihn zufällig wer? Jedenfalls... passt er. Dieser Satz.

Meine Dämonen haben mir die letzten paar Wochen ziemlich zugesetzt. Das waren laaaaange Wochen. Obwohl es an der Zahl gar nicht so sehr viele waren.

Dann wurde es von heute auf morgen besser. Ohne für mich ersichtlichen Grund. Manchmal braucht es also wirklich nur Zeit.

Ich habe jetzt beschlossen, mich mit meinen Dämonen zu arrangieren. Wie das genau aussieht weiß ich noch nicht. Das wird sich zeigen.

Wir alle sind das Produkt unserer Erziehung. Erstmal.

Dieser Satz gibt bzw. nimmt mir etwas. Im positiven Sinn. Er nimmt mir die Hemmung, über bestimmte Dinge aus meiner Kindheit zu Reden. Oder besser gesagt, diese Dinge als gegeben anzunehmen. Weil niemand Schuld hat. Denn das war bisher ganz schlimm für mich. Ich wollte und will nicht, dass auf jemanden mit dem Finger gezeigt wird und dass irgendwer Schuld bekommt. Dass geurteilt wird.

Urteilen. Wieder sowas... Ich habe gelernt, dass man generell nicht urteilen sollte. Und ein guter Therapeut sowieso niemals. Er nimmt seinen Patienten / Klienten als Gegebenheit an. Als Ist-Zustand. Er wertet nicht. Er urteilt nicht. Es ist wie es ist. Es ist gegeben.

Tja. Und (m)eine gute Therapeutin drückt mir auch mal eine Pause auf's Auge. Obwohl ich vermeintlich keine will - aber dringend eine brauche.

Inzwischen gehe ich auch meist nicht mehr so streng mit mir selbst ins Gericht. Ja, ich habe meine Macken. Ich habe Dinge an und in mir, die nicht so schön sind und die ich nicht mag. Aber sie gehören zu mir. Und trotz diesen Dingen bin ich liebenswert. Ich bin es wert, geliebt zu werden. Nicht für jeden. Aber das muss ich auch nicht. Ich muss es nicht schaffen, von allen gemocht zu werden. Das ist eine Sisyphusaufgabe. Sinnlos. Schwer. Und ohne absehbares Ende.

Nicht immer, aber immer öfter spüre ich eine tiefe Ruhe. In mir.

Sich eine Pause gönnen. Zur Ruhe kommen. Richtig zur Ruhe. So langsam bekomme ich eine Ahnung davon, was das heißt. Was damit gemeint ist. Und wie es sich anfühlt.

Auch in Bezug auf die Fehlgeburt und unser Schmetterlingskind. Ich habe sie angenommen. Die Tatsache, dass ich dieses Kind für immer im Herzen aber niemals auf dem Arm tragen werde. Auch damit ist momentan sehr viel Ruhe verbunden. Innerlich. Ich kann es schlecht in Worte fassen. Ich bin jetzt aber bereit, mich vom Schwangerschaftstest zu trennen. Vom letzten "sichtbaren Beweis" dass ich tatsächlich schwanger war.

Gleichzeitig wird diese "andere Realität" immer unwirklicher. Nämlich die, dass ich inzwischen kurz vor dem Mutterschutz und entsprechend auch relativ kurz vor dem errechneten Entbindungstermin stehen würde. Mit dicker Babykugel. Die, dass der Kinderwagen bereits bei uns zu Hause rumstehen und das Kinderzimmer ziemlich sicher schon aufgebaut und fixfertig wäre. Die, dass im Hause B. schon recht bald ein kleines, schreiendes, zauberhaftes Wesen das Kommando übernommen hätte.
Aber: Es ist ok. So wie es eben ist.

Dass man sich um mich kümmert ist inzwischen auch ok. Für mich. Ich kann es zulassen, dass der Göttergatte sich um mich kümmert. Auch das habe ich die letzten Wochen gelernt. Weil ich es lernen musste. Eine Lebensmittelvergiftung setzte mir heftig zu und ich war schlicht zu gar nichts fähig. Also blieb mir nichts anderes übrig als ihn machen zu lassen. Und er machte. Alles. Und war ganz nebenbei noch der beste, besorgteste und liebevollste Ehemann der Welt. Für mich.

Ja, es hat sich einiges getan. Das meiste bzw. alles von außen nicht sichtbar. Aber innerlich bin ich gewachsen. Ein ganzes Stück. Ein ganzes Stück in Richtung "ICH".

Ich weiß, dass dieses Tänzchen mit meinen Dämonen noch nicht so schnell zu Ende sein wird. Aber das macht nichts. Ich habe Zeit. Und tanzen wollte ich eh schon immer mal lernen!

16 Kommentare:

  1. Großartig! Du bist so großartig! Ich habe allen Respekt vor deiner Seelenarbeit und deinen Kämpfen.
    Dicken Kuss ♥

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  2. Evtl. Kann ich bei dem Song helfen

    http://youtu.be/H4u8xsGSFr0

    Mals Zehlment oder so ähnlich ;) 2. Platz beim ESC 2015

    Ansonsten...ja wie du es bei mir geschrieben hast...same here! ;)
    Vielleicht ist es das was wir brauchen
    Päusschen für die Mäusschen!

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    1. Muss ich heut Abend mal reingucken. Also in das Video ;)

      Genau. Päusschen für die Mäusschen.

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  3. Du klingst sehr stark, liebe J.B.! Ich finde es toll, dass du mit der Fehlgeburt abschließen kannst. Das ist ein schwieriger Weg und dafür bewundere ich dich.
    Liebe Grüße

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  4. Ich bewundere dich für deine Stärke und die Fähigkeit dich so gut reflektieren zu können. Das ist außerordentlich schwer und du bist offenbar sehr weit "mit dir"!
    Gönn dir immer dann eine Pause und die Ruhe, wenn du auch nur ansatzweise merkst, dass dir die Puste fehlt. Wie oft macht man trotzdem immer weiter und weiter? Wie oft funktioniert man einfach nur wie ein Uhrwerk? Lass das nicht zu, dass dir das passiert. Du bist wichtig. Du musst dich wichtig nehmen. :-*

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  5. Das hört sich alles sehr, sehr gut an!
    Ich habe deutlich länger gebraucht mit den Fehlgeburten abzuschließen - jeweils genau eine Schwangerschaft lang. Aber danach war es dann auch gut. Klar, heute an diesem wunderschönen lauen Sommerabend blitzte in mir kurz der Gedanke auf, dass wir den Sonnenuntergang mit unserem Krümel auf der Brust angeschaut hätten. Ein schöner Gedankengang, der aber mittlerweile auch nicht mehr schmerzt.
    Wir hätten das vermutlich alle nie gedacht, aber die Zeit heilt tatsächlich alle Wunden...

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    1. Ein schöner Gedankengang, der nicht mehr schmerzt. Ganz genau so!

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  6. Sich selbst zu reflektieren ist eine Fähigkeit, die ganz viel wert ist! Meist macht und tut man, weil man eben dabei ist und es eben so gehört (denkt man zumindest). Aber einfach mal einen Schritt zurücktreten und alles objektiv von außen zu betrachten, ist manchmal genau das, was man braucht, um zu erkennen, was man ändern muss! Du bist toll!! PS: ich hatte befindet ersten Zeile die Fugees (schreibt man die so?) im Kopf, aber aktuell wäre das ganz bestimmt nicht! :)

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  7. Wow das klingt alles so stark und reflektiert. Sich so intensiv mit sich selber auseinander zu setzen ist nicht leicht, oft macht man gerne einfach irgendwie weiter..
    Ich wünsche Dir dass Du weiter erfolgreich Deinen neuen Weg gehst, mir selber wünsche ich dass ich irgendwann genauso wie Du mit der Fehlgeburt "abschließen" und das Leben wie es ist annehmen kann.

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    1. Liebe Marie, das wünsche ich dir auch. Dass du irgendwann mit der Fehlgeburt abschließen kannst. Aber: Lass dir die Zeit die DU brauchst. Jede von uns ist anders. Und jede von uns verarbeitet anders.
      Liebe Grüße

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  8. Ich finde es toll, dass du zu dir so ehrlich bist und all das auch in Worte fassen kannst!! Das kann nicht jeder. Wir alle machen uns doch viel zu oft was vor und horchen nicht in uns rein. Nimm dir alle Zeit der Welt deinen Verlust zu betrauern, zu verarbeiten und zu überwinden. Ich drück dich!!!!

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    1. Danke du Liebe, ich drücke dich feste zurück!

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